DVB-C2 erstmalig „live“ übertragen

Dem Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig (TU-BS) realisiert erstmals die „Live“-Übertragung eines Fernsehsignals unter Verwendung des brandneuen Übertragungsverfahrens DVB-C2. Diese Weltpremiere ist ein wichtiger Meilenstein bei der Vorbereitung […]

Dem Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig (TU-BS) realisiert erstmals die „Live“-Übertragung eines Fernsehsignals unter Verwendung des brandneuen Übertragungsverfahrens DVB-C2. Diese Weltpremiere ist ein wichtiger Meilenstein bei der Vorbereitung der Einführung des neuen Systems auch in deutschen Kabelnetzen.

DVB-C2 ist ein neues Mitglied in der Familie der Standards für das Digitale Fernsehen. Schon seit Mitte der 1990er Jahre existieren die Systeme für das Digitale Fernsehen per Satellit (DVB-S), Kabel (DVB-C) und terrestrische Ausstrahlung (DVB-T). Seither hat sich die Welt des Fernsehens rapide weiterentwickelt. So entstanden zum Beispiel Lösungen für das Fernsehen per Internetzugang (IPTV) oder auch für das Fernsehen hoher Darstellungskraft (High Definition TeleVision – HDTV). Auf der Basis aktueller Forschung sind in einigen Ländern, wie zum Beispiel in England, bereits Übertragungssysteme eingeführt worden, die die erste Generation des schon beinahe „klassischen“ Digital Fernsehens ablösen können und den theoretischen Grenzen der Übertragungseffizienz so nahe kommen, dass noch weitergehende Verbesserungen dann kaum mehr möglich sein werden. So ist in Deutschland bereits DVB-S2 in Betrieb – wer immer HDTV per Satellit empfängt, nutzt DVB-S2 ganz automatisch. Zu den Systemen der zweiten Generation (generell als DVB-x2.0 bezeichnet) gehört als jüngster Vertreter DVB-C2.

Im Frühjahr 2009 konnte das internationale Industriekonsortium „DVB-Projekt“ die Arbeit an der Spezifikation für diese neue Technik erfolgreich abschließen. Zwar hat das Institut für Nachrichtentechnik der TU Braunschweig stets erhebliche Anteile an den Neuentwicklungen der Systeme für das Digitale Fernsehen, aber kein bisheriges System ist so maßgeblich von den Braunschweiger Wissenschaftlerinnen und Wissenschaftlern geprägt worden. Ein wichtiger Teil der Arbeiten des Instituts an DVB-C2 findet im Rahmen des Europäischen Forschungsprojektes ReDeSign statt, dessen Leitung im Institut für Nachrichtentechnik angesiedelt ist.

Bei der Entwicklung von DVB-C2 stand zum einen die Vergrößerung der in einem Kabelfernsehkanal übertragbaren Datenrate und zum anderen die Anpassung an die übrigen Systeme der DVB-x2-Familie, nämlich DVB-S2 und DVB-T2 im Mittelpunkt der Überlegungen. Hierbei muss berücksichtigt werden, dass schon unter Verwendung von DVB-C in einem einzigen Kabelkanal der Bandbreite acht MHz Datenraten von bis zu 51 Mbit/s übertragen werden. Die HDTV-Einführung unter Nutzung von DVB-C ist daher problemlos möglich. Andererseits wollen Kabelnetzbetreiber aber auch in die Lage versetzt werden, „On-Demand-“ Dienste, und zwar in HDTV-Qualität, anzubieten, wofür in ihren Netzen dann sehr große Datenraten von beispielsweise 70 bis 80 Mbit/s pro Fernsehkanal erwünscht sind.

Anders als bei DVB-C ist für DVB-C2 das bisher hauptsächlich von terrestrischen Übertragungskanälen bekannte Übertragungsverfahren OFDM (Orthogonal Frequency Division Multiplex) zum Zuge gekommen. Hierbei wurde die „absolute OFDM“ erfunden, die einer der Gründe dafür ist, dass die Festlegung von festen Kanalbandbreiten in einem Kabelnetz zukünftig aufgegeben werden kann. Der Empfänger besitzt zwar noch eine feste Empfangs-Bandbreite, er kann jedoch in einem Frequenzkontinuum nach dem von ihm zu empfangenden Diensten und Programmen suchen. Dieser innovative Schritt vermeidet die bisher an den Kanalgrenzen vorhandenen Lücken und erhöht erneut die in einem Kabelnetz mögliche Datenrate.

Das nun erstmalig „live“ demonstrierte DVB-C2 wird auf der Messe „ANGA Cable“ zu sehen sein, die am 4. Mai in Köln ihre Tore öffnet. Das Institut für Nachrichtentechnik der Technischen Universität Braunschweig stellt dort auf dem Stand von ReDeSign aus.

Dass die Technik auch praktisch zum Einsatz kommen wird, ist einem Schreiben der Technikvorstände von neun Kabelnetzbetreibern zu entnehmen, die ihr Interesse an DVB-C2 bekundet haben.

Bidl: © Hanspeter Bolliger / PIXELIO