Nahezu die ganze Welt der Elektronik arbeitet inzwischen mit Halbleitern. Das galt auch für die Präzisionsmesstechnik, allerdings mit Ausnahme der genauesten Normale für Spannungsmessungen, der Quanten-Spannungsnormale. Jetzt ziehen Halbleiter-Materialien auch hier ein: Nach dem Quanten-Ohm und dem Quanten-Ampere kommt das Quanten-Volt. Als Alternative zu den etablierten Josephson-Kontakten, die mithilfe von Supraleitung funktionieren, haben Wissenschaftler der Physikalisch-Technischen Bundesanstalt (PTB) nun eine Quanten-Spannungsquelle auf der Basis von Halbleitertechnologie entwickelt. Das neuartige Quanten-Volt könnte helfen, das sogenannte quantenelektrische Dreieck zu schließen, und könnte somit große Bedeutung für das „neue SI“ sein, die geplante Neufassung eines nur auf Fundamentalkonstanten beruhenden Internationalen Einheitensystems. Die Ergebnisse sind in der aktuellen Ausgabe von Physical Review Letters veröffentlicht.
Wer die elektrischen Einheiten mit höchster Genauigkeit messen will, der misst sie quantenweise. In Metrologie-Instituten wie der PTB nutzt man dabei in geschickter Weise das Zusammenspiel zweier Fundamentalkonstanten: des Planck’schen Wirkungsquantums h und der Elementarladung e . Sie spielen in den verschiedenen Kombinationen die Hauptrolle in den Quantennormalen für alle drei elektrischen Einheiten. Zwei von ihnen, nämlich das „Quanten-Ohm“ und auch das „Quanten-Ampere“ (das als „offizielles Quantennormal“ noch im Entstehen ist), werden inzwischen aus speziellen Halbleiter-Materialien hergestellt. Nun kommt auch das „Quanten-Volt“ aus diesen Materialien dazu.
Grundlage für die neue Halbleiter-Quanten-Spannungsquelle ist eine Einzelelektronenpumpe, die von einer Wechselspannung der Frequenz f angetrieben wird und einen Strom der Größe I = e * f erzeugt. Die Einzelelektronenpumpe wurde auf einer integrierten Halbleiterschaltung mit einem Quanten-Hall-Widerstand kombiniert. Das Ergebnis ist eine quantisierte Ausgangsspannung von Vout = (h/e) * f. Interessanterweise ist diese Ausgangsspannung im Prinzip identisch mit der einer supraleitenden Josephson-Schaltung, beruht allerdings auf gänzlich unterschiedlichen physikalischen Effekten. Zum Betrieb der im Bild schematisch dargestellten Quanten-Spannungsquelle sind zwei Gleichspannungen und eine Hochfrequenz-Wechselspannung zur Kontrolle der Einzelelektronenpumpe nötig. Die Halbleiterschaltung zeigt eine robuste Quantisierung der Ausgangsspannung bis zu Frequenzen von einigen Gigahertz. Auf diese Weise können Ausgangsspannungen bis zu 10 Mikrovolt erzeugt werden. „Diese Ausgangsspannung wollen wir in Zukunft noch deutlich steigern“, sagt PTB-Physiker Frank Hohls. Sein Team möchte sie noch um den Faktor 1000 erhöhen, etwa durch die Parallelschaltung mehrerer Einzelelektronenpumpen sowie durch Serienschaltung mehrerer Quanten-Hall-Widerstände auf dem Halbleiterchip. „Außerdem können wir damit quantisierte Werte der drei wichtigsten elektrischen Einheiten Stromstärke, Spannung und Widerstand erzeugen – und das mit einer einzigen Apparatur“, erläutert Hohls.
Für eine besonders interessante Anwendung könnte die neue Spannungsquelle mit den herkömmlichen Josephson-Kontakten kombiniert werden. So könnte durch den Vergleich dieser beiden unterschiedlichen Quantennormale (mit höchster Genauigkeit) das sogenannte quantenmetrologische Dreieck geschlossen werden. Das wäre ein großer Nutzen für das geplante „neue“ Internationale Einheitensystem SI, das ausschließlich auf Fundamentalkonstanten beruhen wird.
Bild: PTB
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