Deutschland hinkt weltweit bei Investitionen in moderne Breitband-Netzwerke hinterher

boozDie flächendeckende Versorgung mit leistungsfähigen Breitbandanschlüssen und der Aufbau von modernen Hochleistungsnetzen der nächsten Generation sind entscheidend im weltweiten Standortwettbewerb der Industrienationen. Die internationale Strategieberatung Booz & Company weist in einer aktuellen Analyse auf die direkte Korrelation zwischen Breitbandverfügbarkeit und Wettbewerbsfähigkeit der Länder hin. Erhöht ein Staat die Rate der Hochleistungszugänge um 10 Prozentpunkte, so steigt in den nächsten fünf Jahren die Arbeitsproduktivität um 1,5 Prozentpunkte. Um dieses Potenzial auszuschöpfen, werden weltweit staatliche und private Investitionsprogramme in neue Technologien aufgelegt. Mit den bisher geplanten staatlichen Investitionshilfen im Rahmen der Breitbandstrategie des Bundes in Höhe von 150 Mio. Euro springt Deutschland im internationalen Vergleich deutlich zu kurz. So hat der australische Premierminister Kevin Rudd im April diesen Jahres sogar ein staatliches Investitionsprogramm von 23. Mrd. Euro in Aussicht und damit den Aufbau von Telekommunikationsinfrastruktur in den Mittelpunkt der australischen Wirtschaftspolitik in der Krise gestellt. Auch relativ kleine europäische Volkswirtschaften wie Portugal oder Griechenland investieren mit jeweils mehr als 750 Mio. Euro fünfmal mehr öffentliche Fördergelder in den Breitband-Ausbau als Deutschland.

Im europaweiten Vergleich der staatlichen Investitionsprogramme zum Breitbandausbau landet Deutschland nur im letzten Drittel. „Die Anwendungen der Zukunft wie Telemedizin, Tele-Learning oder die interaktive Kollaboration über verschiedene Gewerbestandorte verlangen langfristig Bandbreiten von über 100 Mbps – deutlich mehr als das gegenwärtige Programm der Bundesregierung ermöglichen soll. Flächendeckend verfügbar sind heute sogar nur 512 kbps bis 2 Mbps. Will Deutschland hier nicht den internationalen Anschluss verlieren, müssen der Staat und die Industrie jetzt beim Ausbau eines flächendeckenden Glasfasernetzes bis zum Endverbraucher an einem Strang ziehen“, so Dr. Roman Friedrich, Partner und Telekommunikationsexperte bei Booz & Company.

Die europäischen Spitzenreiter bei Breitbandinfrastruktur und -abdeckung sind Schweden und Norwegen. 10 % der Privathaushalte und Unternehmen haben hier bereits einen Glasfaseranschluss. Noch aggressiver gehen die Fernoststaaten voran. Mit Raten von 44% in Südkorea, 27% in Hong Kong und 26% in Japan hat man dort bereits den Einstieg in die Breitband-Zukunft geschafft. Deutschland befindet sich im globalen Wettbewerb nicht einmal unter den Top 15-Ländern. Im weltweiten Vergleich der Pro Kopf-Investitionen der einzelnen Länder liegt Australien mit 1071 Euro klar auf Rang 1, gefolgt von Neuseeland mit 154 Euro. Auch Singapur hat die Notwendigkeit des Netzwerk-Ausbaus längst erkannt und investiert bis dato insgesamt 533 Mio. Euro. Das entspricht einer staatlichen Investition von 116 Euro pro Kopf. Dagegen sind die 1 Euro 50 Cent, welche die Bundesregierung pro Einwohner zu investieren gedenkt, fast vernachlässigbar. „Durch die gestiegenen Anforderungen der globalisierten und digitalisierten Wirtschaft ist der Breitband-Ausbau vergleichbar mit den großen historischen Infrastrukturprojekten wie dem Aufbau eines modernen Schienen- oder Straßennetzes im ausgehenden 19. und beginnenden 20. Jahrhundert“, kommentiert Friedrich.

Strategische Erfolgsfaktoren für Breitband-Ausbau

Die Booz & Company-Analyse identifiziert daher drei strategische Ansatzpunkte, die für den Breitband-Ausbau von staatlicher Seite erwogen werden sollten:

   1. Die Begünstigung neuer Geschäftsmodelle, um für die
      kapitalintensiven Breitbandinfrastrukturen neue Investoren wie
      Pensionsfonds zu gewinnen.
   2. Die Prüfung staatlicher Investitionsmodelle in Gebieten, in
      denen sich Wettbewerb auf Infrastrukturebene
      volkswirtschaftlich nicht rechnet. Diese können über
      Direktinvestitionen, Public Private Partnerships oder über
      Konzessionsmodelle funktionieren.
   3. Die Stimulation der Nutzung von breitbandigen Dienstleistungen,
      wie dieses in Schweden, Japan oder Südkorea zu beobachten ist.
      Hier erhalten Endnutzer subventionierte Zugänge und gezielte
      Schulungen zur Nutzung von Breitbanddiensten. Unternehmen
      können steuerliche Begünstigung für die Breitbandanschlüsse
      geltend machen.

„Diese drei Punkte sollten zielgerichtet und kombiniert angegangen werden“, betont Dr. Roman Friedrich. „Denn unsere Analyse verdeutlicht: Ohne konsequente staatliche Maßnahmen und sinnvolle Regulierung wird Deutschland im internationalen Vergleich zur Breitband-Diaspora.“